Ing.
Ernst Johann Franz Nedwed
Landtagsabgeordneter und Gemeinderat a.D., Nationalratsabgeordneter a.D., Bundesvorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen und Opfer des Faschismus
Herkunft, Schule
Ernst Nedwed wurde am 26. Mai 1929 in Wien geboren. Nach Absolvierung der Pflichtschule besuchte er die Höhere Bundeslehranstalt im 4. Wiener Gemeindebezirk mit der Fachrichtung Maschinenbau.
Beruflich
Seit 1949 im Wiener Stadtbauamt, Mitarbeit bei den ersten städtischen Neubauten nach 1945 z.B. Breitnerhof, später Sportbauten, z.B. Erweiterung des Stadions, später im Vorbereitungsteam für den U-Bahnbau, Beginn des U-Bahnbaues am Karlsplatz bis zur Wahl in den Wiener Gemeinderat im Jahre 1969.
Politisch
Ab Mai 1945 in der Sozialistischen Jugend, gemeinsam mit Hans Mayr, und dem späteren Minister Staribacher. Zusammenarbeit mit dem Verbandsvorsitzenden Peter Strasser und Hubert Pfoch. Mitglied des Wiener und des Verbandsvorstandes der Sozialistischen Jugend, (vor allem im Bildungsbereich tätig), in den 60-Jahren Bezirksvorsitzender der „Jungen Generation“, Sektionsleiter und Bildungsvorsitzender der SPÖ Fünfhaus
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1969 stellvertretender Bezirksvorsitzender der SPÖ
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1976 zum Landesbildungsvorsitzenden der SPÖ Wien gewählt, stellvertretender Bundesbildungsvorsitzender
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1988 Vorsitzender der SPÖ Fünfhaus
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1995 als Vorsitzender des Landesverbandes Wien der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer/innen und Opfer des Faschismus gewählt (war von 1944 bis 1945 im Jugendwiderstand aktiv)*
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2007 zum Bundesvorsitzenden des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen und Opfer des Faschismus gewählt
*) Der Jugendwiderstand wird - obwohl er bereits wissenschaftlich erforscht wurde - heute noch in vielen Kreisen unter dem Titel “Schlurf“ zusammengefasst. Dabei soll es vor allem um die Bekleidung von Jugendlichen im Rahmen einer Mode, die den Nazis keine Freude bereitet hat, gehen.
Das ist sicherlich in vielen Teilen der Wiener Jugend der Fall gewesen, aber es gab auch einen politischen Jugendwiderstand, der mit vollem Bewusstsein die Nazis bekämpfte. Der politische Jugendwiderstand hatte folgende Schwerpunkte: Nichtmitgliedschaft bei der Hitlerjugend (wobei dies durch das Reichsjugendpflichtgesetz gefordert wurde.) Abhalten von Jugendlichen, sich freiwillig zu bewaffneten Einheiten der Nazis, insbesondere der SS, zu melden. Weiters Abhören von sogenannten „Feindsendern“ und Weitergabe von Informationen, die von den Alliierten geschickt, mit der von den Nazis verbotene Musik, nach Deutschland gefunkt wurde. Also, das waren nicht ganz unpolitische Aktivitäten, die bei Auffliegen einer Gruppe, die sich mit diesen Themen befasste, mit Einweisung in Jungendkonzentrationslager etc. bestraft wurde.
Öffentliche Funktionen
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Wahl in den Gemeinderat im April 1969. Im Gemeinderat in verschiedenen Bereichen wie Stadtplanung, Umwelt, Verkehr und Bauten tätig.
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1971 bis 1978 Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses, in dieser Funktion Mitwirkung bei den großen Projekten – U-Bahn, Donauhochwasserschutz (Donauinsel), Zusammenarbeit mit Stadtrat Hoffmann. Mit Stadtrat Wurzer – Mitarbeit am ersten Stadtentwicklungsplan und Verkehrskonzept Wien.
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1979 – 1992 im Nationalrat, Schwerpunkte der Arbeit: Kunst- und Kulturfragen im Unterrichtsauschuss.
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ab 1987 Kultursprecher der SPÖ-Fraktion, weiters Mitglied des außenpolitischen Ausschusses, des Familienausschusses und des Gesundheits- und Umweltausschusses
Erwachsenenbildung
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Seit 1980 Vorsitzender des Kulturvereins Fünfhaus.
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In den 1980er-Jahren in den Vorstand der Volkshochschule Rudolfsheim-Fünfhaus gewählt.
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1989 – 2008 Präsident des Wiener Volksbildungswerkes
Auszeichnung mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
Wenige Tage vor seinem Tod wurde Ernst Nedwed mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet. Er konnte diese hohe Auszeichnung, die ihm der damalige Bundeskanzler Werner Faymann überreichen sollte, am 16. November 2013 krankheitshalber nicht selbst entgegen nehmen.
Ernst Nedwed und die Gruppe 40, seine Grußbotschaft
Seine Tochter Dr. Andrea Schnattinger übernahm die Auszeichnung und dankte im Namen des Geehrten. Sie verlas eine Grußbotschaft ihres Vaters. Hierbei kehrte er auch die Bedeutung der Gruppe 40 hervor, wie ein Auszug belegt:
“Meine Arbeit wäre ohne einen starken Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen, Opfer des Faschismus und aktiver Antifaschist/inn/en nicht möglich gewesen und diese Stärke hat mit vielen Personen zu tun, die sich für unsere Ziele eingesetzt haben und das auch jetzt tun. Ohne diese gemeinsame Kraft unserer Organisation hätten wir auch die vielen Fortschritte in den letzten Jahren nicht geschafft.
Ich möchte stellvertretend für vieles andere zunächst das Denkmal im Ehrenhain der Gruppe 40 auf dem Wiener Zentralfriedhof nennen, das wir durch die Unterstützung von Bürgermeister Häupl erreichen konnten. Von etwa 2.000 Menschen sind Namen bekannt, die als politische Gefangene – aus allen Lagern des Widerstandes, katholisch, kommunistisch und sozialistisch – von der Nazijustiz hingerichtet oder auch direkt von der SS erschossen und dort begraben wurden. Mit Bundeskanzler Werner Faymann fand schließlich der Gedenkakt der Bundesregierung am 11. März 2013 in der Gruppe 40 statt, mit dem eine nationale Gedenkstätte zur Erinnerung an die Kämpfer und Kämpferinnen gegen den Naziterror errichtet wurde. Für deren dauerhaften Bestand hat nun die Republik Österreich die Verantwortung übernommen.”
Tod und letzte Ruhestätte
Ernst Nedwed starb am 24. November 2013 in Wien. Der gesamten Sozialdemokratie wird Ernst Nedwed als profilierter Politiker, leidenschaftlicher Antifaschist und solidarischer Genosse in Erinnerung bleiben. Sowohl in der Kommunalpolitik als auch in der antifaschistischen Arbeit hat er Unverzichtbares geleistet. Familie und Freunde sowie unzählige Genossinen und Genossen verabschiedeten sich auf dem Wiener Zentralfriedhof. Ernst Nedwed hat seine letzte Ruhe am Friedhof Südwest, Gruppe 40, Reihe 1, Nummer 19, gefunden.
Benennungsfeier Ernst-Nedwed-Wohnhöfe
Am 24. Juni 2015 wurde die Wohnhausanlage Wien15, Gablenzgasse 95-99 nach Ernst Nedwed benannt, der in diesem Wohnhaus mehr als 20 Jahre lebte.
Die Benennung von Wohnhausanlagen ist eine Ehrung für herausragende Persönlichkeiten und ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung. Mit der Benennung der geförderten Wohnhausanlage ehrt die Stadt Wien den Bildungspolitiker und engagierten Antifaschisten Ernst Nedwed. Er hatte sich bis zuletzt dem Kampf gegen Neofaschismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus verschrieben. Seinem Credo „Alle müssen gleiche Chancen erhalten“ folgend, galt Ernst Nedweds unermüdlicher Einsatz auch der Bildungs- und Kulturpolitik. Heute, Mittwoch, nahmen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal die offizielle Namensgebung vor. An der Zeremonie nahmen Erika Nedwed, Witwe Ernst Nedwed, den gemeinsamen Kindern Andrea Schnattinger und Thomas Nedwed sowie Enkelkinder teil. Unter den zahlreichen politischen VertreterInnen waren unter anderem Harry Kopietz, Erster Präsident des Wiener Landtages, Godwin Schuster, Erster Vorsitzender des Wiener Gemeinderates, Gemeinderat Rudi Schicker sowie Erika Stubenvoll, Zweite Präsidentin des Wiener Landtages a.D.
FESTREDNER
- Dr. Michael LUDWIG, Wiener Wohnbaustadtrat
- Gerhard ZATLOKAL, Bezirksvorsteher 15.Bezirk
- für die Familie Ernst NEDWED - Mag. Dr. Andrea SCHNATTINGER
Vier nach Süden hin offene Wohnhöfe – geplant von Architekt Harry Glück – entlang zweier Hauptverkehrsstraßen formen diese Wohnhausanlage mit 131 Genossenschaftswohnungen der Heimbau und 88 Wohnungen der Buwog. Die Straßentrakte haben durchgestreckte Wohnungen, die vor allem zur Gartenseite hin orientiert sind. In den drei mittelgangerschlossenen Hoftrakten befinden sich ost- bzw. west-ost-orientierte Wohnungen. Alle Wohnungen haben einen privaten Freiraum: im Erdgeschoß Privatgärten, im Dachgeschoß Terrassen, auf allen anderen Etagen große Loggien. Straßenseitig bilden großkronige Bäume einen zusätzlichen Schutz gegen Verkehrsemissionen.
Aufrechter Gang in neuen Zeiten ERNST NEDWED – Sozialdemokrat, Volksbildner, Antifaschist
2015 erschien im Carl Gerold’s Sohn Verlag eine Biographie über Ernst Nedwed, die von Wolfgang Neugebauer herausgegeben wurde. Hierbei geben auch Mitstreiter/innen wie Karl Blecha, Hilde Hawlicek, Michael Ludwig oder Ernst Woller Einblick in die Persönlichkeit und das Wirken von Ernst Nedwed. Andrea Schnattinger macht in ihrer privaten Biographie ihres Vaters auch den geradlinigen Menschen Ernst Nedwed sichtbar. Zudem ist ein Interview mit dem Holocaust-Überlebenden Rudolf Gelbard wichtiger Teil der Publikation.
Weblinks
Wir erinnern uns
Sie sind eingeladen, Ihre persönliche Erinnerung an
Ing. Ernst Johann Franz Nedwed nieder zu schreiben.
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Ich habe Ernst Nedwed als Redner bei Parteischulungen der SPÖ Wien und als Bildungsfunktionär kennengelernt. Vor allem während meiner langen Arbeit als Bildungsfunktionärin in sozialistischen Jugendorganisationen, dann als Bildungsobmann in Floridsdorf und schließlich als Mandatarin im Parlament haben wir im Bereich der Erwachsenenbildung, der SPÖ Bildungsarbeit und der Volksbildung zusammengearbeitet. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass bei jeder Begegnung Ernst Nedwed immer eine Einladung zu einer Diskussion, zu einer Aktion gegen Rechtsextremismus oder Veranstaltungen des Dokumentationsarchivs der Widerstandskämpfer bei sich hatte und verteilte. Nicht nur als politischer Funktionär, sondern auch im persönlichen Leben war er ein „Vorbildsozialist“. Es ist es mir ein Anliegen, Ernst Nedwed für seine große Unterstützung als Kultursprecher zu danken. Als Bildungs-, Außen-, Kultur-, Gemeindepolitiker, Widerstandskämpfer und vor allem als Mensch wird er uns immer im Gedächtnis bleiben.